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Neues Buch "Klima wandelt Wien": Von Hitze bis Hochwasser

"Gibt es in Wien bald keinen Schnee mehr? Werden immer mehr tropische Stechmücken in der Stadt ihr Unwesen treiben? Und wie steht es überhaupt mit dem Klima und Wien? Wird es immer heißer und trockener? Wie sehr wandelt das Klima unsere Stadt, und in welcher Form?" Diese Fragen stellen die Historikerin Astrid Göttche und Umweltmediziner Hans-Peter Hutter an den Beginn ihres Buches "Klima wandelt Wien". Morgen, Dienstag, wird es im Wien Museum präsentiert.

Seit vergangener Woche beschäftigt sich dort die Ausstellung "Winter in Wien" mit dem "Verschwinden einer Jahreszeit". "Wintersport in Wien: Ein vergängliches Vergnügen" heißt auch ein Kapitel des Buches, das laut Untertitel "Rück- und Ausblicke auf unser Stadtleben" werfen möchte. Die historische Komponente dabei liefert Göttche, für die aktuellen Einschätzungen ist Hutter zuständig. Das fließt nicht immer ganz organisch ineinander, liefert aber am Ende jedes Kapitels jeweils zwei unterschiedliche Literaturlisten mit umfangreichen weiteren Verweisen. Das ist auch deshalb eine gute Entscheidung, weil in dem bunt und ansprechend bebilderten Band der populärwissenschaftliche Ansatz dominiert.

Während man etwa einen daten- und faktenlastigen Statusbericht des Ist-Zustandes - der etwa hervorheben könnte, dass das Tempo der Klimaerwärmung in Wien deutlich höher ist als im globalen Durchschnitt und das 1,5-Grad-Ziel für die Bundeshauptstadt daher längst kein Thema ist - vermisst, geht man in "Klima wandelt Wien" gleich ins Detail. Was dieser Ansatz eindrucksvoll leistet, ist die Veranschaulichung, wie vielfältig das Thema ist und wie viele unterschiedliche Lebensbereiche davon betroffen sind.

So kommen etwa Pflanzen in der Stadt an begrünten Fassaden ebenso vor wie in früheren Schreber- und heutigen Gemeinschaftsgärten, werden neuen Pflanzmethoden wie das Schwammstadt-Prinzip ebenso behandelt wie invasive Arten oder das zunehmende Heimischwerden einer südlichen Vegetation. Es geht um eingewanderte neue Insektenarten oder um den Wandel des Lärms in der Stadt (ein Heimspiel für den Umweltmediziner), um Wärmestuben, Cooling Center und um vielfältige Verkehrsaspekte. Alles hat einen Einfluss darauf, wie lebenswert eine Stadt empfunden wird, und mitunter kommt bei den historischen Exkursen zu kurz, wie sehr dem politischen Umdenken erst massiver Druck von Bürgerinnen und Bürger vorausgegangen war. Immerhin wird Aktivisten und Vorreiterinnen wie Joseph Schöffel, der "Retter des Wienerwalds", oder der "Letzten Generation" ein eigenes Kapitel gewidmet.

Zu den eindrucksvollsten historischen Fotos gehören jene, die völlig zugeparkte Plätze der Wiener Innenstadt in den 1950er-Jahren zeigen, als Stadtplaner beklagten, dass wegen der Pestsäule der Graben "für den Verkehr nicht genügend ausgenutzt werden" könne. Die Pestsäule durfte bleiben, doch die alte Rauchfangkehrerkirche auf der Wiedner Hauptstraße musste 1965 dem Verkehr weichen.

Natürlich spielt auch Wasser eine große Rolle - vom Trinkwasser bis zum Hochwasser. Von der jüngsten Hochwasserkatastrophe in Ostösterreich sei man bei der Arbeit an den letzten Kapiteln des Buches überrascht worden, schreiben die Autorin und der Autor. "In Wien verwandelte sich der Wienfluss innerhalb kürzester Zeit in ein reißendes Gewässer - ein nie da gewesener Anblick für viele, die ihn bloß als Rinnsal kannten. Aber nicht nur das. In Kelleranlagen und Garagen drang Wasser ein, Parkanlagen mussten geschlossen werden, und U-Bahn-Abschnitte wurden überflutet, lahmgelegt und verwüstet."

Ganz aktuelle Fotos kontrastieren hier mit Zeugnissen früherer Überschwemmungskatastrophen, und zu Recht wird darauf hingewiesen, dass die einstige Weitsicht der Politiker und Stadtplaner sich in Wien wohl nirgends so manifestiert wie im Hochwasserschutz und der Hochquellenwasserleitung. Es sei "zukünftigen Generationen zu wünschen, dass sie in derselben Weise von Weichenstellungen profitieren und diesen Respekt zollen wie wir in vielen Bereichen von Entscheidungen in der Vergangenheit", heißt es in dem Buch. "Auch in unserer Gegenwart muss auf Mut und Weitsicht statt auf Zaghaftigkeit und kurzsichtige Handlungen gesetzt werden."

(Von Wolfgang Huber-Lang/APA)

(S E R V I C E - Astrid Göttche, Hans-Peter Hutter: "Klima wandelt Wien. Rück- und Ausblicke auf unser Stadtleben", Leykam Verlag, 288 Seiten, 28 Euro; Buchpräsentation: Di., 19.11., 18.30 Uhr, im Wien Museum, Karlsplatz 8; Moderation: Matti Bunzl)

ribbon Zusammenfassung
  • Das Buch 'Klima wandelt Wien' von Astrid Göttche und Hans-Peter Hutter beleuchtet die vielfältigen Auswirkungen des Klimawandels auf Wien und wird am 19. November präsentiert.
  • Es thematisiert das Verschwinden des Winters, neue Insektenarten und die Anpassung der städtischen Vegetation und vergleicht aktuelle Hochwasserereignisse mit historischen Katastrophen.
  • Die Autoren betonen die Bedeutung von Mut und Weitsicht in der Stadtplanung und zeigen, wie Bürgerinitiativen politische Veränderungen beeinflussen können.