Nanga Parbat-Pionier Hermann Buhl vor 100 Jahren geboren
Buhl ist einer der ganz großen Namen in der Geschichte des Bergsports, zahlreiche Allein- und Erstbesteigungen gingen auf sein Konto. Seine ersten Schritte im Gebirge machte die Kletter-Ikone in den Bergen seiner Heimat und erkundete die Innsbrucker Nordkette, das Kaiser- und Wettersteingebirge sowie die mächtigen Kalkkögel. Nachdem Buhl im Zweiten Weltkrieg als Gebirgsjäger in Italien stationiert und anschließend in amerikanischer Kriegsgefangenschaft gewesen war, professionalisierte der gelernte Speditionskaufmann mit einer Bergführerausbildung seine Leidenschaft.
Sein Gipfel-Radius erweiterte sich und Buhl nahm die Schweizer Berge ins Visier. Er fuhr mit Fahrrad und Zug in das Nachbarland, im Jahr 1952 durchstieg er die Badile-Nordostwand. Unmittelbar nach dem Abstieg trat der Besessene den Rückweg an, schlief jedoch erschöpft auf dem Rad ein und stürzte in den reißenden Inn. In letzter Sekunde konnte er sich noch aus den Fluten retten. Im gleichen Jahr bewältigte er noch die Eiger-Nordwand und wurde zur ersten deutsch-österreichischen Nanga Parbat-Expedition nach dem Weltkrieg eingeladen.
Die Besteigung des auch ob seiner Gefährlichkeit genannten "Killer Mountain" machte Buhl schließlich berühmt. Am 3. Juni 1953 bezwang er im Alleingang den noch nie zuvor von Menschen betretenen Gipfel auf 8.125 Metern Seehöhe. Mit im Gepäck hatte er einen - inzwischen wieder aufgefundenen - Eispickel, eine Gipfelfahne und einen Fotoapparat. Die Vorzeichen für die Besteigung waren jedoch denkbar schlecht, nachdem ein Monsun hereingebrochen war. "Plötzlich kommt unheimlicher Sturm auf", beschrieb Buhl es einst selbst. "Er rüttelt an den Zelten, er drückt auf meine Dachseite und drängt mich immer mehr in die Zeltmitte. Orkanartig fährt er über den Grat, jault die Südwand herab." Während sein Bergkamerad, der Münchner Otto Kempter, den Aufstieg abbrach, kämpfte sich Buhl in 17 Stunden auf den Gipfel. Der Abstieg verlief indes noch spektakulärer: Er musste stehend in einer Felswand biwakieren und kehrte erst nach 41 Stunden zum Lager auf 6.900 Metern Seehöhe zurück. Bei der Expedition verlor Buhl mehrere Zehen infolge von Erfrierungen.
Vier Jahre später wagte sich Buhl, der bereits Vorträge über seine Bergabenteuer hielt, gemeinsam mit Kurt Diemberger, Fritz Wintersteller und Marcus Schmuck an den 8.051 Meter hohen Broad Peak heran. Nach der erfolgreichen Erstbesteigung war er zu diesem Zeitpunkt der erste Mensch, der auf zwei Achttausendern gestanden war. Doch nur 18 Tage später wurde das Masherbrum-Gebirge in Pakistan sein ewiges Grab. Am 27. Juni 1957 wurde er von einer abbrechenden Schneewechte beim Abstieg der Chogolisa in den Tod gerissen. Buhl und Diemberger mussten aufgrund eines Schneesturmes den Versuch der Erstbesteigung abbrechen. Ein plötzliches Vibrieren der Schneedecke war beim Abstieg von dem Siebentausender alles, was Diemberger im dichten Nebel vom tödlichen Unglück seines Kameraden bemerkte.
Buhl hinterließ seine Ehefrau Eugenie und drei Töchter. Seine Kindheit hatte der gebürtige Innsbrucker zum Teil im Waisenhaus verbracht, nachdem seine Mutter aufgrund einer psychischen Erkrankung in eine Anstalt gekommen war. Wie seine Tochter Kriemhild Buhl in einer ServusTV-Dokumentation anlässlich seines 100. Geburtstages sagte, erzählte der Vater Buhls seinen Kindern, dass die Mutter gestorben sei. Tatsächlich sei sie aber später von den Nationalsozialisten in Mauthausen ermordet worden.
Das Land Tirol erinnert am 19. November an einen seiner größten Söhne. Das Tiroler Landesarchiv und der Österreichische Alpenverein laden zu einer Lesung mit Kriemhild Buhl und einem Gespräch mit Kurt Diemberger. Tirols Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP), selbst begeisterter Alpinist, lobte Buhls Nanga Parbat-Erstbesteigung als "eine bis heute unvorstellbare Leistung. Der zu seiner Zeit beste Bergsteiger der Welt bleibt weiterhin eine Bergsteigerlegende mit vielen Bewunderern."
Und auch einer von Buhls Nachfolgern als Alpinismus-Ikone, Reinhold Messner, will dem Tiroler offenbar ein Denkmal setzen - und zwar mit einem Film über dessen 1953er-Erstbesteigung des Nanga Parbat, sollte er die notwendigen Mittel dafür aufstellen können. "Richtig auserzählt ist diese Geschichte immer noch nicht. Es handelt sich um die größte österreichische Berg-Erfolgsgeschichte, die es gibt. Was da passiert ist, das ist sehr spannend", erklärte Messner jüngst im APA-Interview anlässlich seines 80. Geburtstages voller Hochachtung über Buhl und dessen Leistung.
Zusammenfassung
- Hermann Buhl, geboren 1924 in Innsbruck, war der erste Mensch, der den Nanga Parbat und den Broad Peak bestieg.
- Am 3. Juni 1953 bezwang er den 8.125 Meter hohen Nanga Parbat im Alleingang und ohne Flaschensauerstoff.
- Buhl verlor bei der Expedition mehrere Zehen durch Erfrierungen und benötigte 41 Stunden für den Abstieg.
- Nur vier Jahre später bestieg er den 8.051 Meter hohen Broad Peak und verunglückte kurz darauf auf der Chogolisa.
- Das Land Tirol ehrt ihn anlässlich seines 100. Geburtstags am 19. November mit einer Gedenkveranstaltung.