APA/dpa/Peter Kneffel

Hochwasser in Deutschland: Sechstes Opfer entdeckt

Überflutete Straßen, aufgeweichte Deiche, gesperrte Bahnstrecken und Suche nach Vermissten - die Hochwasserlage in Bayern blieb am Mittwoch trotz erster Entspannungssignale aus einigen Landesteilen weiter kritisch. Vor allem im Osten Bayerns entlang der Donau waren die Pegelstände trotz erster, leichter Rückgänge auf hohem Niveau.

Indes wurde die sechste Tote der Überschwemmungen in Süddeutschland geborgen.

Eine 79 Jahre alte Frau wurde am Mittwoch leblos im Mindelkanal in Bayern entdeckt. Sie war am Sonntag zwischen Augsburg und Ulm als vermisst gemeldet worden. Insgesamt kamen bei dem Hochwasser in Süddeutschland damit mindestens sechs Menschen ums Leben, vier davon in Bayern. Zudem wurden laut bayerischem Innenministerium mehrere Menschen vermisst, darunter ein 22 Jahre alter Feuerwehrmann.

So viel Regen, wie alle 50 bis 100 Jahre

In den vergangenen Tagen war an mehreren Orten in Süddeutschland so viel Regen gefallen wie nur alle 50 bis 100 Jahre. Eine neue Unwetterfront sehen die Meteorologen zwar nicht auf Deutschland zukommen, aber es gibt auch keine richtige Entwarnung beim Hochwasser: Im Süden kann es weiter Starkregen geben, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) vorhersagte. Der große Regen sei aber vorbei, sagte ein Meteorologe.

In Regensburg mussten Bewohner am Dienstagabend etwa 30 Häuser räumen, weil der Untergrund wegen des hohen Grundwassers immer weicher wurde. Im Fokus blieben dort die Schutzwände an der Werftstraße am Donauufer. "Das ist unsere Schwachstelle", sagte eine Sprecherin der Stadt am Mittwochfrüh.

Weiter flussabwärts im niederbayerischen Passau gingen die Pegelstände an Donau und Inn langsam zurück - allerdings ebenfalls auf hohem Niveau. Dort werde das Hochwasser im Laufe des Mittwochs noch einmal deutlich langsamer zurückgehen als am Dienstagabend, teilte der Hochwassernachrichtendienst (HND) Bayern mit.

Auch wenn sich der Scheitel der Hochwasserwelle weiter flussabwärts verlagerte, meldeten sämtliche Messstellen entlang der Donau zwischen dem schwäbischen Donauwörth und Passau am Mittwoch weiter Pegel im Bereich der Meldestufe vier - der höchsten Hochwassermeldestufe. "Wir werden noch bis Freitag brauchen, um ein Stück weit Entspannung geben zu können", sagte Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber am Mittwoch.

Im schwäbischen Landkreis Donau-Ries blieb die Hochwasserlage am Mittwoch zunächst stabil, aber weiter kritisch. Man könne trotz sinkender Wasserstände "keinesfalls Entwarnung für das gesamte Landkreisgebiet" geben, teilte das Landratsamt mit. "Der Druck auf Deiche und Dämme ist nach wie vor enorm."

Die Evakuierungsempfehlungen für besonders gefährdete Ortsteile wie Auchsesheim (Donauwörth) und Hamlar (Asbach-Bäumenheim) gelten deshalb vorerst weiter. "Es wird ausdrücklich davor gewarnt, die Situation vorschnell als sicher anzusehen", teilte das Landratsamt mit. "Die Anrainer sollten insbesondere in Deichnähe wachsam bleiben."

Video: Aktuelle Lage in Passau nach Hochwasser

Suche nach Vermissten 

Unterdessen suchten Einsatzkräfte in Schwaben weiter nach jenem Feuerwehrmann, der bei einem Hochwasser-Einsatz am Sonntag in Offingen mit seinem Boot gekentert und als vermisst gemeldet worden war. Der 22-Jährige sei bisher nicht gefunden worden, sagte ein Polizeisprecher in Kempten. Polizeikräfte sollten am Mittwoch an Land und mit Drohnen aus der Luft nach dem Vermissten suchen.

Noch habe man die Hoffnung, ihn lebend zu finden, sagte der Polizeisprecher. "Die Chancen werden aber von Tag zu Tag ein bisschen weniger." Hoffnung machten daher Geschichten wie die einer 32-Jährigen, die am Dienstag nach zweieinhalb Tagen im überfluteten Silberwald bei Neu-Ulm von einem Baum gerettet worden sei. Sie hatte sich dort vor dem Hochwasser in Sicherheit gebracht.

Trotz weiträumiger Absperrungen und eindringlichen Warnungen der Behörden machten Schaulustige den Einsatzkräften in den Hochwassergebieten zu schaffen. Die Polizei in Niederbayern teilte am Mittwoch mit, dass vor allem in der Region Kelheim zuletzt "vielfach" Menschen in abgesperrte Gebiete gegangen seien, "um die Hochwassersituation aus nächster Nähe zu beobachten".

Polizisten hätten mehrmals Platzverweise aussprechen müssen, um Hochwasser-Touristen zu vertreiben. In Deggendorf war am Montagabend eine Frau in einer voll gelaufenen Fußgängerunterführung gar im Badeanzug schwimmen gegangen.

Video: Pegel in Niederösterreich sinkt nach Starkregen

Deutlich entspannt hat sich die Lage dagegen inzwischen am Alpenrand. Die Burg Falkenstein im oberbayerischen Flintsbach, die am Montagabend durch anhaltenden Starkregen, erheblich beschädigt und teils in Richtung von Wohnhäusern abgerutscht war, soll von einer Spezialfirma mit Stahlseilen abgesichert werden. Zudem sollte ein Geologe am Mittwoch den Untergrund überprüfen.

Das Gelände dürfe aus Sicherheitsgründen vorerst weiter nicht betreten werden, teilte das Landratsamt Rosenheim am Mittwoch mit. Bis auf einen Anrainer hätten aber alle Menschen in der Umgebung inzwischen wieder in ihre Häuser zurückkehren können.

Bahnverkehr weiterhin beeinträchtigt 

Wegen Überschwemmungen und Unterspülungen blieben in vielen Gebieten Bayerns am Mittwoch Straßen und Bahnstrecken gesperrt. Unter anderem fuhren auf den ICE-Strecken zwischen Donauwörth und Augsburg sowie zwischen Nürnberg und Würzburg zunächst keine Züge, teilte die Bahn am Vormittag mit. Auch die stark beanspruchte Fernverkehrs-Achse zwischen Ulm und Augsburg sei nur eingeschränkt befahrbar. Deshalb endeten einige Fahrten früher, andere Züge verspäten sich demnach um etwa 45 Minuten.

Video: Hochwasser-Lage in Deutschland kritisch

Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) waren zwar am Mittwoch und Donnerstag Schauer und Gewitter zu erwarten - Starkregen sei aber nur am östlichen Alpenrand wahrscheinlich. Am Mittwochnachmittag und -abend seien vereinzelte Gewitter samt Starkregen mit bis zu 15 Liter pro Quadratmeter in einer Stunde nicht ausgeschlossen.

Insgesamt kamen bei dem Hochwasser in Süddeutschland mindestens fünf Menschen ums Leben, drei davon in Bayern. Zudem wurden laut bayerischem Innenministerium am Dienstag mehrere Menschen vermisst. Deren Zahl schwankte jedoch nahezu stündlich.

Laut Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) waren in den vergangenen Tagen im Freistaat mehr als 60.000 Menschen wegen des Hochwassers im Einsatz. Mehr als 6.600 Evakuierungen seien bis Dienstag nötig gewesen.

ribbon Zusammenfassung
  • Überflutete Straßen, aufgeweichte Deiche, gesperrte Bahnstrecken und Suche nach Vermissten - die Hochwasserlage in Bayern blieb am Mittwoch trotz erster Entspannungssignale aus einigen Landesteilen weiter kritisch.
  • Vor allem im Osten Bayerns entlang der Donau waren die Pegelstände trotz erster, leichter Rückgänge auf hohem Niveau.
  • Indes wurde die sechste Tote der Überschwemmungen in Süddeutschland geborgen.
  • Eine 79 Jahre alte Frau wurde am Mittwoch leblos im Mindelkanal in Bayern entdeckt.
  • Sie war am Sonntag zwischen Augsburg und Ulm als vermisst gemeldet worden.