"Schambehaftet und tabuisiert": Gewalt gegen Frauen
"Alle 10 Minuten wird eine Frau getötet. #NoExcuse" - unter diesem Motto macht UN-Women im Rahmen der diesjährigen "Orange The World"-Kampagne zum Thema Gewalt gegen Frauen aufmerksam. Mit der Kampagne werden "16 Tage Aktivismus gegen geschlechtsspezifische Gewalt" geführt, erklärt Helene Gressenbauer, Präsidentin der UN-Women Österreich.
Die Kampagne startet jedes Jahr am 25. November, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen und endet mit dem 10. Dezember, dem Tag der Menschenrechte. In diesen 16 Tagen erstrahlen Gebäude in oranger Farbe, um ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen zu setzen.
"Als leuchtende und optimistische Farbe steht Orange für eine Zukunft ohne Gewalt gegen Frauen und Mädchen", so Gressenbauer.
Höchstzahl an Frauenmorde in Österreich 2023
Geschlechtsbasierte Gewalt an Frauen und Mädchen sei laut Gressenbauer noch immer "eine der am weitest verbreiteten Menschenrechtsverletzungen". Ein Blick auf die aktuellen Zahlen in Österreich verdeutlicht einmal mehr, dass Gewalt gegen Frauen ein großes Problem in der Gesellschaft darstellt.
Die erschreckenden hohen Fallzahlen machen deutlich, wie dringend Veränderungen beim Thema Gewalt und dem Schutz von Frauen notwendig ist.
Laut Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) wurden im vergangenen Jahr 42 Frauen ermordet. Es ist die höchste Zahl an Frauenmorden in den vergangenen Jahren. Statistiken zeigen, dass das eigene Zuhause der gefährlichste Ort für Frauen ist. 2024 gab es laut AÖF bisher 26 Femizide und 39 Fälle schwerer Gewalt beziehungsweise Mordversuche.
Meist sind die Täter Männer, die den Frauen besonders nahe standen, etwa wie der Partner, Ex-Partner oder ein Familienmitglied.
"Femizide sind nur die Spitze der Gewaltpyramide; bevor es zu Femiziden kommt, muss alles darangesetzt werden, vorab schon Maßnahmen zu treten, um verbale, körperliche, sexuelle und ökonomische Gewalt an Frauen zu bekämpfen", sagt Eva Zenz von AÖF.
Laut AÖF ist jede dritte Frau von körperlicher oder sexueller Gewalt betroffen. Mehr als jede vierte Frau hat laut AÖF sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt. Mehr als jede fünfte Frau in Österreich ist von Stalking betroffen.
Gewaltprävention beginnt mit Bildungsarbeit
Prinzipiell gäbe es laut AÖF gute Gesetze im Bereich Gewaltschutz, jedoch gibt es in der Anwendung und Umsetzung Verbesserungsbedarf. Daher fordern sie mehr Nachbetreuungsangebote und einen leistbaren Wohnraum für Frauen nach einem Frauenhausaufenthalt.
Außerdem brauche es laut Zenz eine "langfristige und gesicherte Finanzierung von niederschwelliger mehrsprachiger Beratung und Betreuung von gewaltbetroffenen Frauen und Kindern".
Für UN-Women-Austria Präsidentin, Gressenbauer hingegen ist Bildung ein bedeutender Punkt. "Schon in der frühkindlichen Erziehung müsste die Gleichwertigkeit von Frauen und Männern vermittelt werden", so Gressenbauer.
"Kinder sollen lernen, dass Gewalt gegen Frauen und auch Gewalt gegen Kinder keinen Platz in der Gesellschaft hat und nicht richtig ist", sagt sie weiters. Ähnlich sieht es auch Zenz: "Je früher Gewaltprävention durch Bewusstseinsbildung beginnt, desto eher lässt sich Gewalt an Frauen verhindern."
Video: Hilfe bei Gewalt: Übergangswohnungen ausgebaut
"Das Thema Gewalt ist extrem schambehaftet und tabuisiert"
Aus einer Gewaltspirale auszubrechen ist nicht so einfach, wie es sich manche vielleicht denken. Es braucht viel Mut und Unterstützung. Wie handelt man am besten, wenn man merkt, dass die eigene Nachbarin, Freundin oder Bekannte Gewalt ausgesetzt ist? Die AÖF raten, zunächst einmal die Person vorsichtig auf das Thema anzusprechen.
Dass die gewaltbetroffene Person sich sofort dem Gespräch einlässt, sei sehr unwahrscheinlich. "Das Thema Gewalt ist extrem schambehaftet und tabuisiert. Wichtig ist, der Freundin zu signalisieren: Ich bin für dich da. Auch wenn du meine Unterstützung vielleicht gerade nicht annehmen kannst", erklärt Zenz.
Außerdem sei es wichtig der Person gegenüber zu vermitteln, dass Gewalt keine Privatsache ist. Alternativ könnte man anbieten die Frauenhelpline gemeinsam anzurufen. Den Betroffenen soll laut Zenz signalisiert werden, dass Gewalt von ihrem Umfeld wahrgenommen und nicht geduldet wird. Außerdem soll ihnen vermittelt werden, dass sie keine Schuld daran tragen, Opfer von Gewalt geworden zu sein.
Veranstaltungen im Rahmen "16 Tage gegen Gewalt an Frauen"
Im Rahmen der internationalen Kampagne "16 Tage gegen Gewalt an Frauen" gibt es ab dem 25. November bis 10. Dezember einen Online-Veranstaltungskalender von AÖF. "Interessierte können hier nachschauen, welche Veranstaltungen in ihrer Umgebung bzw. im jeweiligen Bundesland stattfinden, sowie Links zu Online-Aktionen abrufen", sagt Zenz. Der Verein selbst bietet auch während den 16 Tagen drei Veranstaltungen an.
- Die Ringvorlesung "Eine von fünf" in Kooperation mit der MedUni Wien und der Volksanwaltschaft
- Ein Trickfilmabend zum Thema Gewalt an Frauen und Mädchen am 02.12.2024 um 19 Uhr in der Brunnenpassage im Rahmen der Kooperation "Klappe auf!"
- Ein Infotisch in der Hauptbücherei am Urban-Loritz-Platz in Wien (28.11., 29.11., 5.12. und 6.12.2024, jeweils 14:30 - 16:30 Uhr).
Auch UN-Women Austria bietet eine große Veranstaltung im Rahmen der Kampagne an. Am 5. Dezember wird es einen Abend gegen Gewalt geben.
Zusammenfassung
- Am 25. November ist der internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen.
- An diesem Tag startet auch „Orange the World“, eine Kampagne von UN-Women.
- Diese dauert 16 Tage lang und endet mit dem Internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember.
- Das Ziel ist es ein sichtbares Zeichen gegen Gewalt an Frauen zu setzen.
- Wie sehr Frauen in Österreich von Gewalt betroffen sind, wo die Probleme hierzulande liegen und wie man Betroffenen helfen kann? PULS 24 hat nachgefragt.