Forscher schickten Hirsche vom Frühsommer in den Winter
Das Team um Studienleiter Walter Arnold vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Veterinärmedizinischen (Vetmed) Universität Wien führte seine Untersuchungen in einem zum Institut gehörenden, 45.000 Quadratmeter großen Gehege durch. Sie statteten insgesamt 16 Rothirschkühe (Cervus elaphus) mit Sensoren aus, mit denen Herzfrequenz, Körpertemperatur und die Bewegungsmuster der Tiere im Zeitraum zwischen März 2017 und 2020 aufgezeichnet wurden, schreiben die Forscher in ihrer Arbeit.
Ziel der Studie war es zu überprüfen, ob sich die saisonalen körperlichen Veränderungen bei Tieren, die keinen Winterschlaf halten, an den gleichen Signalen orientieren, wie das bei Winterschläfern der Fall ist. Letztere richten ihren Stoffwechsel bekanntermaßen nach der "Photoperiode" aus, sprich den Veränderung der Tages- und Nachtlänge über den Jahresverlauf hinweg. Einen Einfluss auf das Absenken der Körpertemperatur und das Herunterfahren des Stoffwechsels hat allerdings auch die Verfügbarkeit von lebenswichtigen mehrfach ungesättigten Fettsäuren in der Nahrung.
Einerseits variierte das Forschungsteam die Menge an vorhandener Linolsäure oder Linolensäure in Futterpellets, die die Tiere fraßen. Andererseits veränderten sie die Zufuhr des in dunklen Phasen ausgeschütteten Melatonins. Das Hormon übersetzt sozusagen die Information über die Tageslänge in ein für den Körper lesbares Signal.
Als die Wissenschafter das Melatonin-Level im Frühsommer auf das dreifache des Höchstwertes im Winter erhöhten, stellten sich bei den Tieren alle gemessenen Merkmale in Richtung Wintermodus um: "Wir schließen daraus, dass Rothirsche bei kurzen Tageslängen den Energieaufwand für die Thermoregulierung reduzieren, eine Reaktion, die durch ein eingeschränktes Futterangebot verstärkt wird", so Arnold am Donnerstag in einer Vetmed-Aussendung. Stellten die Forscher hingegen nur die Fettsäureversorgung um, zeigten die Hirschkühe nur geringe Veränderungen.
Die neue Studie zeige zum ersten Mal, dass saisonale Veränderungen auch bei Säugetieren, die keine Winterschläfer sind, durch die gleichen Taktgeber gesteuert werden, wie bei Tieren, die ausgedehnte Winterruhe halten. Diese Abläufe sind offenbar "für die rechtzeitige Vorbereitung nicht nur von Winterschläfern, sondern auch von vielen anderen Arten auf die tiefgreifende Veränderung der Lebensbedingungen durch die Jahreszeiten verantwortlich," so Arnold.
(S E R V I C E - https://doi.org/10.3390/ani13101600)
Zusammenfassung
- Wiener Forscher zeigten nun, dass dafür vor allem das Level des Hormons Melatonin verantwortlich ist.
- Mit hohen Melatonin-Gaben schickten die Wissenschafter die Tiere im Frühsommer stoffwechseltechnisch in den Winter, wie sie im Fachblatt "Animals" berichten.
- Stellten die Forscher hingegen nur die Fettsäureversorgung um, zeigten die Hirschkühe nur geringe Veränderungen.