APA/APA/Thales Alenia Space/Thales Alenia Space and Master Programmes

Astronauten besiedeln Mondorbit-Habitat mit Austro-Expertise

Bevor das "International habitation module" (Lunar I-Hab) als Teil der "Gateway" genannten Orbit-Basis in wenigen Jahren den Mond umkreist, müssen sich Astronauten mit den Hightech-Räumen vertraut machen. Das passiert gerade in Turin, wo eine erste Test-Version des I-Hab steht. Die Wiener Weltraum-Architekturplattform Liquifer ist Teil des Design-Teams für den zukünftigen Außenposten der Menschheit. Die Experten sehen in dem Habitat einen "großen Schritt" für die Raumfahrt.

Das Prädikat "geräumig" wird dem Mond-Modul sicher nicht verliehen: Schlanke 48 Kubikmeter Platz bietet das I-Hab seiner vier Astronauten zählenden Crew. Die italienische Firma Thales Alenia Space baut das System, das Teil der "Gateway"-Station sein wird, im Auftrag der europäischen Raumfahrtagentur ESA und der NASA. Dem Habitat kommt eine entscheidende Rolle in dem federführend von der NASA vorangetriebenen Rückkehr-Programm zum Mond namens "Artemis" zu, in dessen Rahmen die erste bemannte Mondlandemission nach Jahrzehnten momentan für das Jahr 2028 angepeilt wird. Allerdings stehen hinter den zeitlichen Abläufen bei dem ambitionierten Programm, in dem auch Europas Raumfahrt eine wichtige Position einnimmt, einige Fragezeichen.

Auf eine Punktschätzung wollten sich auch Barbara Imhof und René Waclavicek von Liquifer im APA-Gespräch dementsprechend nicht einlassen: "Wir glauben, dass diese Raumstation Ende des Jahrzehnts fertig sein wird." Fix sind jedoch die Fristenläufe für die umfassenden Tests mit Astronauten in der "Mock-up"-Version des I-Hab in Norditalien: Kürzlich verbreitete die ESA erste Einblicke in die Begehungen des Moduls durch die europäischen Raumfahrer Rosemary Coogan, Luca Parmitano und Marcus Wandt. Es handelt sich dabei um sogenannte "Human-in-the-Loop"(HITL)-Tests in der künftigen Wohn- und Arbeitseinheit, wie Imhof erklärte. Das Wiener Team arbeitete an der Innenraumgestaltung des I-Hab mit.

Gemeinsam mit den französischen Start-up Spartan Space hat Liquifer das in seinen Dimensionen dem späteren Modul exakt entsprechende "Mock-up" gebaut, in dem nun die zukünftigen Nutzer minutiös jene Abläufe durchspielen, die dann weit draußen im All möglicherweise über das Gelingen der Mission entscheiden. Die Testumgebung ist "ein lebensgroßes Modell" mit einem allerdings noch niedrigeren Ausführungsgrad, so Imhof und Waclavicek. Das heißt, dass sich in den Boxen, die dann zum Beispiel die zweifach ausgeführten lebenserhaltenden Systeme beherbergen, noch nicht die tatsächlichen technischen Systeme befinden.

Jetzt gelte es einmal zu durchleuchten, ob die räumliche Gestaltung zulässt, "dass wirklich alle Systeme erreichbar sind und ob nicht im weiteren Verlauf etwas umkonfiguriert werden muss", sagte Waclavicek. Mit den Ergebnissen dieser Testphase geht man später im Jahr dann an die Konstruktion einer weiteren, ausgefeilteren Habitat-Version. Danach folgt der Bau des finalen I-Hab-Prototypen, mit dem die für die echte Mission ausgewählten Astronautinnen und Astronauten trainieren werden. "Da gibt es auch noch Potenzial für uns, vielleicht weiter mitzuarbeiten", sagte Imhof.

Viel Spielraum für Anpassungen gibt es im wahrsten Sinne des Wortes nicht: "Es ist alles relativ knapp bemessen." Trotzdem würde Waclavicek nicht zögern, sich im Rahmen einer Mission den beengten Verhältnisse aussetzen, wie er erklärte - freilich, die Chancen dafür liegen bei null: "Ich würde für eine Mondumrundung auch härtere Bedingungen in Kauf nehmen."

Für Imhof zeigt das Artemis-Programm, wie groß die Herausforderung, Menschen wieder auf den Mond und später weiter Richtung Mars zu bringen, auch im 21. Jahrhundert noch ist. Der technische Aufwand, "diese Mini-Biosphäre im All herzustellen", ist jedenfalls derart vordergründig, dass gestalterische Überlegungen sich oft hinter technischen Fragen anstellen müssen. Damit muss man als Weltraumarchitekt aber umgehen können. Die Aufgabe sei trotzdem lohnend, da "Gateway" nicht nur eine "kleine Schwester der ISS", sondern ein erster Schritt in Richtung des Aufbaus einer echten Basis auf dem Mond sei, so Imhof.

(S E R V I C E - Informationen zu "I-Hab": https://liquifer.com; https://go.apa.at/LPCA8BmD. Video zu den "Human-in-the-Loop"-Tests: https://go.apa.at/a1n1c2dZ)

ribbon Zusammenfassung
  • Das 'International habitation module' (I-Hab) wird als Teil der 'Gateway'-Orbit-Basis in Turin getestet und bietet 48 Kubikmeter Platz für eine vierköpfige Crew.
  • Liquifer aus Wien und das französische Start-up Spartan Space haben das Mock-up des I-Hab gebaut, das nun von Astronauten in Norditalien getestet wird.
  • Das I-Hab ist ein entscheidender Bestandteil des Artemis-Programms, das die erste bemannte Mondlandemission seit Jahrzehnten für 2028 plant.